Die Benchmark-Regulierung (BMR) wurde 2016 eingeführt, um zukünftig mißbräuchlichen Praktiken bei der Berechnung und Bereitstellung von Benchmarks entgegenzuwirken. Der LIBOR-Skandal hatte hier einen weit verbreiteten Mißbrauch aufgedeckt.
Seitdem sind die Administration von Benchmarks, ihre Verwendung und die Bereitstellung von Daten streng reguliert. Jede Art von Verwendung führt dazu, daß eine Bank sich mindestens mit den hieran geknüpften Bedingungen und Pflichten der BMR auseinandersetzen muß. Das trifft schon dann zu, wenn Kredite auf EURIBOR-Basis vergeben werden oder die Verzinsung von Einlagen variabel an einen Index gekoppelt ist. Ist die Bank selbst Administratorin von Benchmarks, kommen umfangreiche Pflichten hinzu. Nicht jede Bank betreibt jedoch dieses Geschäft in einem Umfang, daß der hohe Aufwand gerechtfertigt erscheint.
Der Verordnungsgeber hat dem insofern Rechnung getragen als er für Institute, die ausschließlich nicht signifikante Referenzwerte verwalten, eine Reihe von Pflichten erläßt, sog. Opt-Outs (Art. 26 (1) BMR). Im Implementierungsprojekt ist es sinnvoll, diese Erleichterungen schon bei der Beantragung des Administratoren-Status mit der zuständigen Behörde (in Deutschland die BaFin) umfassend zu klären. Zu den Erleichterungen gehören z.B. der Verzicht auf eine vollständige organisatorische Trennung des Geschäftsbereiches des Administrators von anderen Bereichen mit dem Ziel, tatsächliche oder potenzielle Interessenkonflikte zu vermeiden. Auch die Rolle der Überwachungsfunktion und der sog. Kontrollrahmen können mittels Opt-Out so gestaltet werden, daß kein unangemessen hoher Aufwand ensteht.
Nutzer von Benchmarks müssen ein Benchmarkregister führen. Das ergibt sich aus Art. 28 (2) und Art. 29 (1) BMR. Dieses Register ist für die Sicherstellung einer regelkonformen Verwaltung der genutzten Benchmarks unerläßlich. Wenn hier keine Vollständigkeit besteht, kann der Nutzer nie genau wissen, welche Auswirkungen die Aufgabe einer Benchmark oder eine wesentliche Veränderung auf seine Produkte und Verträge hat. Hierzu ist es sinnvoll, die Daten aus dem ESMA-Register (vgl. Art. 36 BMR) zu übernehmen und sie durch interne Informationen zu ergänzen, insbesondere Hinweise darauf, in welchen Bereichen der Bank, in welchen Produkten und unter wessen Verantwortung die Benchmarks verwendet werden.
Für die Prüfung der Vollständigkeit ist es wichtig, daß eine funktionierende 1st-Level-Kontrolle besteht, denn auf der 2nd-Level ist es sehr schwierig, dieses festzustellen, insbesondere bei Instituten, die ein umfangreiches Kapitalmarktgeschäft betreiben.
Wichtig: in dieses Register gehören auch die Benchmarks, die von Zentralbanken oder anderen staatlichen Stellen veröffentlicht werden. Diese Stellen sind zwar keine Administratoren im Sinne der BMR und sie sind vom subjektiven Anwendungsbereich der BMR ausgenommen (Art. 2 Abs. 2 BMR). Die von ihnen veröffentlichten Benchmarks sind auf der Seite der Nutzer jedoch genauso zu behandeln wie Benchmarks von registrierten Administratoren.
Hinweis: Aus den Q&A ist zwar nur ersichtlich, daß es für die Verwendung von Benchmarks von Zentralbanken keinerlei Einschränkungen gibt, d.h. das Sitzland der Zentralbank spielt hier keine Rolle (Q4.1 und A4.1 der ESMA QA 70-145-114 Version 18 vom 31.03.2021). Gleiches gilt jedoch nach Auskunft der BaFin auch für andere staatliche Stellen, die Benchmarks oder Indizes herausgeben, insbesondere also Statistikbehörden.
Dieses Register hat in der BMR grundsätzlich die Funktion, Nutzern von Benchmarks Auskunft darüber zu geben, ob der jeweilige Administrator eine Zulassung in der EU besitzt. Hier sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen:
Zentralbanken und andere staatliche Stellen sind hier nicht erfaßt, da sie vom subjektiven Anwendungsbereich der BMR ausgenommen sind. Mit BREXIT wurde außerdem sämtliche Administratoren mit Sitz in Großbritannien haben, aus dem Register gelöscht, ebenso alle Administratoren, die ihre Zulassung durch die FCA erhalten haben. Sie haben nun bis Ende 2023 Zeit, bei einer der nationalen Aufsichtsbehörden einen neuen Zulassungsantrag zu stellen. Ihre Benchmarks dürfen jedoch in dieser Zeit weiter verwendet werden.
Für das intern zu führende Administratoren-Register ergibt sich daraus, daß diese Firmen hier aufgeführt bleiben sollten, allerdings mit dem Vermerk, daß sie derzeit über keine EU-Zulassung als Administrator verfügen. So kann jedoch die weitere Entwicklung verfolgt werden. Es empfiehlt sich im Sinne der Vollständigkeit auch, Zentralbanken und andere staatliche Stellen hier aufzunehmen, auch wenn das durch die BMR nicht vorgeschrieben ist.
Nach Art. 26 (1) BMR stehen Administratoren, die ausschließlich nicht signifikante Referenzwerte gem. Art. 24 (1) BMR verwalten, Wahlrechte zur Verfügung, die nützlich sind, um den administrativen Aufwand zu verringern. Diese Opt-Outs sind besonders interessant für Firmen, die sich nur in begrenztem Umfang als Administrator von Benchmarks betätigen. Hierzu zählen der Verzicht auf eine vollständige organisatorische Trennung von Bereichen, die zu einem tatsächlichen oder potenziellen Interessenskonflikt führen können, die Benennung einer internen Stelle zur Überwachung der Referenzwert-Methodik, die Validierung der Eingabedaten in einem separaten Verfahren etc. Da die Wahl der Opt-Outs mitbestimmend für den Umfang der Implementierung ist, wird empfohlen, dieses schon bei Antragstellung mit der BaFin.
Bei der Formulierung des einzuhaltenden Verhaltenskodex nach Art. 15 (2) BMR hatte der Gesetzgeber augenscheinlich Personen oder Abteilungen bei anderen Marktteilnehmern vor Augen, die, auch unter dem Eindruck des LIBOR-Skandals, einem besonderen Verhaltenskodex unterworfen werden müßten. Bei marktführenden Vendoren wie Bloomberg oder Reuters wird es hingegen praktisch unmöglich sein, sie den Kodizes einer Vielzahl von Kunden zu unterwerfen. Hier muß der Hinweis auf die Herkunft der Daten ausreichen.
Soweit Daten von marktführenden Vendoren wie Bloomberg oder Reuters geliefert werden und diese Daten eine zentrale Marktdatenkontrolle durchlaufen und dann auch von anderen Abteilungen des Instituts verwendet werden, erscheint es angemessen, auf eine separate Kontrolle der Eingabedaten zu verzichten.
Die Überwachung der Obergrenzen für nicht-signifikante Benchmarks nach Art. 24 Abs. 1 BMR
Die Prüfung von nicht-kritischen Referenzwerten erfolgt zweistufig. In der ersten Stufe (Art. 20 Abs. 1 BMR) werden die kritischen von den nicht kritischen Referenzwerten abgegrenzt. Kritisch ist ein Referenzwert dann, wenn er die Grundlage für die Wertermittlung von Finanzinstrumenten im Wert von mind. € 500 Mrd darstellt oder wenn seine Kontributoren mehrheitlich in einem Mitgliedsstaat angesiedelt sind und wird in diesem Land als kritisch eingestuft. Unter c) finden sich weitere Bedingungen, die kumulativ erfüllt sein müssen.
Wenn die Kriterien aus Art. 20 Abs. 1 allesamt nicht erfüllt sind, wird gem. Art. 24 Abs. 1 BMR geprüft, ob es sich um eine signifikante Benchmark handelt. Dieses wird dann bejaht, wenn er Bezugsgröße von Finanzinstrumenten ist, deren Gesamtwert mindestens € 50 Mrd. beträgt oder sein Wegfall erhebliche und nachteilige Auswirkungen hätte. Die Einhaltung insbesondere der Grenze von € 50 Mrd. ist laufend zu überwachen, um weiterhin den Vorteil der Opt-Outs in Anspruch nehmen zu können.